„Aber es wird nur gestritten, und es kommt nichts dabei heraus. In der Geschichte hat es noch keine Regierung geschafft, in 365 Tagen ein Volk so nieder zu machen. Deshalb fordern wir weiterhin den Rücktritt der Regierung. Wir müssen etwas tun für den normalen Bürger, damit im nächsten Jahr euer Gasabschlag nicht höher ist als der Rentenabschlag der Oma“, sagte der Fraktions-Geschäftsführer der „Bürger für Stralsund“ Thomas Haack.
So stand es jetzt in der Ostseezeitung zu lesen. Und wenn ich auf die Preisentwicklung bei vielen Dingen des täglichen Lebens und die Unsicherheit vieler Mitmenschen schaue, könnte ich geneigt sein, dem vorbehaltlos zuzustimmen.
Tue ich aber nicht, weil ich auch in kritischer Zeit meinen eigenen Kopf benutze und nicht blind politischen Scharlatanen hinterherlaufe.
Zunächst mal ist es mehr als befremdlich, wenn einige Tausend Menschen in einer Region wie Stralsund den Rücktritt einer Bundesregierung nach zehnmonatiger Amtszeit fordern, während sie über 30 Jahre ihrer Bundestagsabgeordneten Angela Merkel zugejubelt haben. Und eben diese Angela Merkel hat bis vor 10 Monaten für lange 16 JAHRE die Richtlinienkompetenz der Bundesregierung innegehabt. In diesen 16 Jahren sind weiterhin die Weichen gestellt worden auf starke Energieabhängigkeit von Russland, ist keine klare Linie gefunden worden gegen die politischen Schweinereien von Putins Russland
in Syrien, in Tschetschenien, in Georgien, der Krimannexion etc.
Kritische Begleitung von Regierungsarbeit ist ein elementarer Bestandteil unserer Demokratie. Und ich erwarte auch schnellere und transparente Lösungen für die existentiellen Fragen. Da gehören neben der Bundesregierung genauso auch die 16 Landesregierungen dazu. Aber es gehören auch die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes mit ihren Ideen und ihrer Bereitschaft zum Mittun dazu. Mit dem Finger nur auf andere zu zeigen, hilft keinem.
In unserer Nachbarschaft hat mit Russlands militärischen Überfall in die Ukraine ein Staat wieder an einem Eckpfeiler der Nachkriegsordnung nach dem 2. Weltkrieg Hand angelegt, wie er unvorstellbar erschien. Es befremdet mich, jetzt Menschen hierzulande mit russischen Fahnen einem KGB-Offizier Putin nachlaufen zu sehen. Als hätte es kein Sowjetsystem in der DDR gegeben.
Vergleiche mögen hinken, aber ich schaue mal in die jüngere Geschichte. In den 30-er Jahren des letzten Jahrhunderts waren die die westlichen Demokratien nicht in der Lage, einem zu allem entschlossenen diktatorischen Staat, der nebenbei immer seinen „Friedenswillen“ verkündete, entschieden entgegen zu treten. Briten und Franzosen waren nicht gewillt, eigene Opfer zu bringen, um Hitlers Deutschland rechtzeitig und gewappnet entgegen zu treten. Diese Haltung haben Franzosen, Briten sowie die Menschen vieler Nationen teuer bezahlt. Nicht zu vergessen die rund 20 Millionen Sowjetbürger, wo die Frage nicht vergessen werden darf, wieviele auf das Konto von Adolf Nazi und auf das Konto von Stalin gehen. Und eben dieser Stalin erfährt aktuell wieder Verehrung im Russland Putins.
Ich trete ein für ein kritisches Begleiten aktueller Regierungspolitik, dass jedoch zuallererst vom Respekt gegenüber demokratischen Entscheidungen und den handelnden Personen begründet wird. In der Sache streiten heißt, qualitative Alternativen zu präsentieren. Und da ist viel Luft nach oben.